2009 gewann Juan Martin del Potro
überraschend den Titel bei den US Open. Aber das ist lange her. Nun, beim
Tennisturnier in München, geht es für den Argentinier um andere Sachen. Es gab eine Zeit, in der die Welt
des Tennis dachte, einen Herausforderer für die Herrscher gefunden zu haben,
für Roger Federer, Rafael Nadal und den jungen Novak Djokovic. Im September
2009 gewann der Argentinier Juan Martin del Potro kurz vor seinem 21.
Geburtstag den Titel bei den US Open. Zum ersten Mal nach mehr als drei Jahren
hielt am Ende ein anderer als die großen drei den Pokal im Arm; eine Botschaft,
so groß wie die Leuchtbuchstaben am Times Square: Hier kommt einer, der alles
auf den Kopf stellen kann. Del Potro sagt, die beiden Wochen dieses Turniers
werde er nie vergessen, das sei eine Herzensangelegenheit. Aber das ist lange
her, und jetzt geht es um andere Dinge. Um eine zweite oder dritte Chance und
um das fast vergessene Gefühl, ohne Schmerzen Tennis spielen zu können.
Vor zwei
Jahren ließ er sich zum ersten Mal am linken Handgelenk operieren, und es war
danach klar, dass man ihn eine Weile nicht sehen würde; bei der beidhändigen
Rückhand spielt auch die linke Hand eine große Rolle, und solche Verletzungen
sind ein harter Test für die Leidensfähigkeit eines Spielers. Die zweite
Operation, diesmal an den Bändern desselben Gelenks, folgte im Januar 2015, die
dritte, bei der eine Sehne repariert wurde, im Juni.
Depressionen nach Verletzungen
Aber in
all den Monaten schmerzte nicht nur das Gelenk. Del Potro hatte Angst, das
könnte es gewesen sein mit dem Tennis. Und er hatte Depressionen. Er wusste
nicht, ob er sich wirklich darauf verlassen sollte, als ihm die Ärzte sagten,
das Problem sei gelöst, es werde langsam wieder aufwärts gehen. Die ersten
beiden Operationen hatten ihm nicht wesentlich geholfen, warum sollte er daran
glauben, dass es jetzt besser werden würde? Er quälte sich, manchmal wurde es
ihm zu viel, und dann sagte er: Ich höre auf. Und von außen betrachtet, sah es
so aus, als sei er schon nicht mehr im Spiel; vor etwas mehr als einem Jahr
stand er in der Weltrangliste auf Platz 1045.
Heute
sagt del Potro, zum Glück habe er seine Familie und die Freunde gehabt, die
seien für ihn da gewesen, als es darauf angekommen sei. „Sie wussten, dass
Tennis 20 Jahre lang mein Leben war und dass ich viel zu jung bin, um
aufzuhören. Sie haben alles dafür getan, dass ich jetzt wieder hier sein kann.“
Die Freude war groß, als er im Februar beim Turnier in Delray Beach (Florida)
zur Tour zurückkehrte. Immer wieder wurde der Argentinier gefragt, ob nun
endlich alles gut sei mit dem Handgelenk, und obwohl er sicher lieber über
andere Dinge gesprochen hätte, beantwortete er jede Frage. Nein, die Schmerzen
seien immer noch da, und er sei darauf eingestellt, dass das noch eine Weile so
bleiben werde. „Aber ich will Tennis spielen“, sagt del Potro, „und es ist mir
egal, wenn ich das mit Schmerzen tun muss. Am liebsten würde ich überall auf
der Welt spielen, auch bei den Olympischen Spielen und im Davis Cup.“
Zweite
oder dritte Chance: Juan Martin del Potro versucht mit Schmerzen ein
Tennis-Comeback
Aber er
weiß, dass er viel Geduld brauchen wird. Er plant von Turnier zu Turnier, viel
mehr ist im Moment noch nicht möglich. Um das Handgelenk nicht zu sehr zu
beanspruchen, spielt er die Rückhand inzwischen oft als Slice, und er weiß,
dass er auf diese Art vor allem beim Return gegen harte Aufschläger noch nicht
konkurrenzfähig ist. Der Rest, findet er, sei in Ordnung, nur mit der Rückhand
brauche er sicher noch Zeit. Das gilt speziell für roten Sand wie in München,
wo er in dieser frostigen Woche bei den BMW Open seit mehr als drei Jahren zum
ersten Mal wieder bei einem Sandplatzturnier auf dem Platz stehen wird. Am
Dienstag fiel sein Match den widrigen Wetterbedingungen zum Opfer, am heutigen
Mittwoch soll gegen Dustin Brown dann endlich aufgeschlagen werden.
In den
Vereinigten Staaten hatte er fünf seiner ersten acht Spiele nach der Rückkehr
gewonnen; das war weitaus besser, als er es sich vorgestellt hatte. Siege tun
gut, aber in diesem Jahr wird es für ihn in erster Linie darum gehen, das
Handgelenk unter wechselnden Bedingungen zu stabilisieren. Die Ärzte haben ihm
gesagt, irgendwann werde er wieder ohne Schmerzen spielen können, und das ist
das erste Ziel. Aber vor allem ist er wieder im Spiel. Aufgeben kommt nicht
mehr in Frage, da hält er sich an eines seiner Lieblingslieder von Bruce
Springsteen - „no retreat, no surrender“. Ist er nun wieder glücklich? Beim
Wort „glücklich“ zögert Juan Martin del Potro einen Augenblick; das Wort scheint
ihm noch zu groß zu sein. Aber im Rahmen dessen, was im Moment möglich ist,
geht es ihm so gut wie lange nicht mehr.
Original Post: http://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/atp-turnier-in-muenchen-juan-martin-del-potros-tennis-comeback-14200910.html
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